Ein Plädoyer für das Bedingungslose Grundeinkommen - Ein Kommentar

Dr. Nikolaus Götz

Gewisse im Sinne von Karl Marx unproduktive Apparatschiks in der Partei DIE LINKE stemmen sich gegen eine alte, ’urlinke’ Forderung nach der gerechten Verteilung der menschlichen Produktion.

In einem öffentlichen Aufruf an die Parteimitglieder begründen sie, warum sie die „Forderungen nach einem BGE grundsätzlich“ (!) falsch finden“. Die drei diesen Aufruf zeichnenden Vertreter argumentieren primär ’rein machtpolitisch’, in dem sie einfach behaupten, es sei „schädlich und spaltend für DIE LINKE“, diese Forderung in die Programmatik der Partei aufzunehmen. „Nach den Wahlen“ jedoch könne man darüber reden (1). Ist es nicht erstaunlich, wie sich die Argumentationsketten von Machtinhabern „im politischen System“ von „links bis rechts“ gleichen? Bricht in dieser ’Denkschule’ etwa erneut das ’ptolemäische Weltbild’ des Arbeitens zusammen? Wohl ja!

Schon im Jahr 1755 prangerte der theoretische Mitbegründer des modernen Staatswesens Jean Jacques Rousseau mit seinem berühmten Zitat, „Der Mensch ist frei geboren und überall liegt er in Ketten.“, nicht nur die soziale ’Unfreiheit’ an, sondern er plädierte vehement auch für eine gerechtere Verteilung der ’Produktion’, indem er sagte: „Die Erde gehört niemandem, doch die Früchte der Erde gehören allen Menschen!“(2)

Wann erreichen gewisse Funktionäre eigentlich den politischen Wissensstand der ’Aufklärung’ und wann gelangen sie mit der weltweiten Digitalisierung und der robotervernetzten Produktionsweise, mit Technologien, die sie nicht erfunden haben und zu deren gesellschaftlichen Durchsetzung sie auch nicht gefragt wurden, endlich in die Gegenwart des 21. Jahrhunderts?

Diese in ihren Denkstrukturen verkrusteten Menschen, diese alsbald vor den Toren der Stadt stehenden Vertretern der ’Hartz IV-Klasse’ einer längst in den Rückzugsgefechten des ’Arbeitskampfes’ der Gewerkschaften unterlegenen ’Arbeiterklasse’ wird sich erst dann die heute so drängende Frage erschließen: „Wann erhält der nicht arbeitende Mensch der ’Modernen Zeit’ den legalen Zugriff auf die nur noch von Robotern erstellte Produktion?“ Die Arbeitslosen der Gegenwart, ebenso wie die systemrelevant produktiven ’Dienst’-Leistenden im Verbund mit den, dank Corona, rein digital schuftenden Billig-Job-Home-Officer grüßen heute die längst schon ununterbrochen im 24 Stunden-Takt produzierende Roboterwelt.

Doch selbst heute noch gibt es Menschen, die behaupten, man könne nicht zum Mond fliegen oder gar auf dem Mars landen und dort eine menschliche Kolonie betreiben. Selbst die mögliche Existenz von anderen Lebensformen auf noch unbekannten Planeten wird verneint. Solchen Menschen fehlt es an Phantasie, an Vorstellungskraft, vielleicht an Flexibilität oder auch einfach nur an Wissen. Sie kleben fest am Stuhl ihrer Doktrinen, bis sie von ihrem ’hohen Ross’ geholt, von der ’Geschichte’ weggespült und von der realpolitischen Entwicklung überrollt werden. Erstaunlich ist es festzustellen, wie gut nach fast 40 Jahren Umweltdiskussion gewisse LINKE und auch Konservative heute die Grundlehren ökologischen Denkens verinnerlicht haben! Oder plappern sie den mahnenden, jugendlichen ’FridaysForFuture’ nur nach dem Mund?

Die angepassten „Bremser“ in der Partei DIE LINKE von heute, werden morgen am lautesten behaupten, dass sie den „GAU“ verhindern und die Lebensgrundlagen der Menschen mit einem BGE sichern wollten! Doch jetzt in der Gegenwart stemmen sie sich mit „aller Kraft“ gegen die einfachsten Reformen des gesellschaftlichen Systems und wollen den ’Spaltpilz BGE’ in der Partei DIE LINKE bis „nach dem Tag der Revolution“ vertagen!

Natürlich und so macht ’man’ das, präsentieren sie eine detaillierte Kritik am Konzept der Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in einer Broschüre und sammeln auch flügel- und strömungsübergreifend Stimmen aus der Partei DIE LINKE gegen das BGE, um den kommenden Parteitag für ihre Zwecke zu manipulieren.

Diese politische Uneinsichtigkeit, diese Ignoranz bereitet politisch „den Rechten“ das Feld und treibt mit die Wählerschaft in deren Lager. Dass diese Parteigenossen sich selbst in ihrer ureigensten Existenz sabotieren und ihre eigene zukünftige „bedingungslose Grundsicherung“ zunichte machen wollen, bemerken sie vielleicht erst, wenn sie als 70jährige im Rentenalter nicht mehr wissen, wovon sie leben sollen. Doch „ihr Glaube“ von heute, wird sie dann nicht mehr erretten.

Anmerkungen:

1 Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV DIE LINKE vom 7.1. 2021: Bedingungsloses Grundeinkommen: Keine gute Idee; siehe auch scharf-links.de vom 7.1.2021.

2 Jean Jacques Rousseau: Staat und Gesellschaft (Contrat Social), München 1968, Kapitel 1, S. 10 und ders.: Diskurs über die Ungleichheit (Discours sur l’inégalité), München 1984 (UTB), Zweiter Teil, S. 172/173.