Die Utopie zurückgewinnen - Warum das Frankfurter Manifest für die Linken so wichtig ist

Jörg Reiners

Vor nicht allzu langer Zeit haben sich verschiedene Vorstände von mit der Digitalisierung beschäftigten Aktienunternehmen zur Wort gemeldet. Einhelliger Tenor ihrer Wortmeldung ist die Forderung an die politische Klasse, sich endlich mit der Einführung eines Grundeinkommens zu beschäftigen.

 

Da darf uns Linke, zumal wenn wir auch eine grundeinkommensbasierte Gesellschaft wollen, nicht ruhen lassen. Entsprechend aufgescheucht haben sich verschiedene dem Grundeinkommen gegenüber aufgeschlossene Persönlichkeiten des linken Gesellschaftsspektrums in Frankfurt am Main zusammengesetzt, um dieser Forderung auf den Grund zu gehen und gegebenenfalls eine eigene Position auszuarbeiten.

Herausgekommen ist weit mehr als nur ein Positionspapier. Ergebnis des Zusammenseins ist das "Frankfurter Manifest".

Das Manifest hat das Zeug, eine Zeitenwende einzuläuten. Wir Begründer*innen dieses Manifestes sind uns sicher, dass durch die Art und Weise, wie die kommende technologische Entwicklung vonstatten geht, entschieden wird, ob der permanente Konflikt zwischen Kapital und Arbeit entweder für die eine oder für die andere Seite entschieden wird.

Die zum Frankfurter Manifest angelegte Anthologie fasst die wichtigstens Punkte zusammen und ordnet sie in die vorhandene politische Landschaft ein. Mein Beitrag wirft hingegen einen Blick in die Zukunft und bedingt daraus Forderungen an die aktuelle Verfasstheit und Handlungsweise der Linken. Statt es sich defensiv in Abwehrkämpfen in der Gegenwart gemütlich einzurichten sollte sich die gesellschaftliche Linke als Avantgarde auf den Weg in die Zukunft ins "Reich der Freiheit" machen und so an utopischer Strahlkraft gewinnen. Mit unserem Grundeinkommenskonzept imTornister!

Digitalisierung? Grundeinkommen!

Dokumentation "Das Frankfurter Manifest"

  • Ronald Blaschke: Grundeinkommen – Was ist das eigentlich?

Was unterscheidet ein emanzipatorisches von irgendeinem Grundeinkommen? Was bedeuten nonmonetäre Elemente eines bge? Zusammenhang von bge und Digitalisierung mit Produktion und Distribution.

  • Julia Schramm: Digitalisierung – Was ist das eigentlich?

Ist „Digitalisierung" bloß ein Modewort? Gab es technischen Fortschritt, ja Umwälzungen nicht immer schon, ebenso wie Prophezeihungen über das Verschwinden der Arbeit? Und wäre kapitalistische Vollbeschäftigung, wenn sie möglich wäre, überhaupt wünschenswert?

  • Wolfgang Strengmann-Kuhn: Arbeit 4.0 und Grundeinkommen

Ausarbeitung und Erweiterung des Vortrages. Darstellung wechselseitiger Prozesse. Offenlegung der Relevanz einer Kopplung von Digitalprozessen an eine Grundeinkommensbasierung einer Gesellschaft.

  • Philipp Frey & Sebastian Sevignani: Digitalisierung heute und morgen

Digitalisierung – was ist der Stand? Wie digitalisiert sind wir längst? Was steht uns unmittelbar ins Haus? Welche konkreten Utopien im Bereich Digital und K.I. sind in der Pipeline? Worauf sollten wir uns einstellen? Wie schnell kommen die am Horizont erkennbaren Prozesse auf uns zu? Schaffen Gesellschaften es, sich entsprechend schnell darauf einzustellen?

  • Timo Daum & Lisa Spelge: Wie werden sich Produktion und Dienstleistung verändern?

Warum das BGE das Sozialsystem des digitalen Kapitalismus ist oder der digitale Kapitalismus setzt das Grundeinkommen auf die Tagesordnung. Und selbstverständlich auch die Kernaussagen des Frankfurter Referats

  • Jörg Reiners: Das Frankfurter Manifest – Rückgewinnung des Utopischen für die Linke

Die Digitalisierung eröffnet sowohl der gesellschaftlichen Linken als auch der Partei Die Linke nie dagewesene Möglichkeiten, sich von Kämpfen zur Verbesserung innerhalb des „Reiches der Notwendigkeit" wegzubewegen, um sich auf den Weg in das „Reich der Freiheit" zu machen. Verkommen Prozesse der Digitalisierung in den Gesellschaftssegmenten in erster Linie zur reinen Profitmaximierung Weniger, drohen linke Politiken auf Dauer zur Marginalie zu werden. Leiten wir jedoch diese Prozesse zu einer sozialisierten Nutzung zu, gewinnt die gesellschaftliche Linke an einer nie dagewesenen Strahlkraft. Gerade für die Partei Die Linke wird dieser Richtungswechsel ein ungeheurer Kraftakt sein. Erste zaghafte Ansätze sind vorhanden. Es gilt sie zu priorisieren.

  • Steffen Lange & Tilman Santarius: Digitalisierung und sozialökologische Transformation

Der Ausstieg aus kapitalistischem Wachstumszwang ist zum Schutz der Lebensgrundlagen unvermeidlich. Was und wie kann, soll dann (noch) produziert werden? Welche Rolle spielen öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen? Schafft freiwilliges (und entsprechend kontrolliertes) Datensharing Grundlagen für optimierte Formen öffentlicher Angebote und demokratische, selbstbestimmte Produktion und Distribution?

  • Sylvia Honsberg: Digitalisierung! Grundeinkommen! Gewerkschaften?

Gewerkschaften haben ihre Wurzeln in einer analogen Arbeitswirklichkeit. Doch traditionelle Erwerbsbiografien laufen aus. Die als Arbeit 4.0 gekennzeichneten Änderungen greifen auch in Wesen und Wirken der Gewerkschaften ein. Gewerkschaften sollten emanzipatorische Grundeinkommensstrukturen nicht länger als Teufelszeug verwerfen, sondern als Fundament für eine zukunftsgerichtete Gewerkschaftarbeit proaktiv annehmen. Warum hierfür gerade Gewerkschafterinnen den Weg ebnen und das Frankfurter Manifest zur innergewerkschaftlichen Geltung bringen können,durchleuchtet der Beitrag.

  • Margit Appel: Feministische Perspektiven

Technologie und Geschlecht; Emanzipation und Bedingungslosigkeit; Freiheit und Notwendigkeit; Politisierung der Bedingungslosigkeit beim BGE und Gestaltbarkeit der Digitalisierung.

  • Heinz-Jürgen Hörster: Chancen und Risiken für einen humanistischen Bildungsansatz

Die Digitalisierung schafft neue Lern- und Lehrtechniken. Eine virtuelle Reise in sonst nur mit analogen Medien vermittelte Welten führt zu neuen intrinsischen Impulsen. Selbstbestimmtes Lernen gewinnt neue Spielräume. Dennoch gilt es bei aller Faszination diesen neuen Bildungsmitteln gegenüber, das menschliche Maß nicht zu vergessen. Tradierte Kulturtechniken dürfen nicht nur nicht in Vergessenheit geraten, sie bedürfen auch weiterhin der gelebten Anwendung. Neuer Mittelpunkt einer gesellschaftlich organisierten Bildungslandschaft muss der Mensch in seiner Selbstbestimmung und nicht länger dessen kapitalistische Verwertbarkeit sein. Chancen und Risiken dieses Wandels gilt es parallel zur Etablierung einer Grundeinkommensgesellschaft im Auge zu behalten. Das Gesellschaftssegment Bildung muss aus seinem zugewiesenen Reservat heraus und integraler Bestandteil alltäglichen gesellschaftlichen Seins werden.

  • Dagmar Paternoga: Digitalisierung und Gesundheit

Soziale Ungleichheit ist, wie alle Unsicherheit der Lebensverhältnisse und als Stressauslöser eine wesentliche Ursache von Krankheiten. Wenn Digitalisierung unser Verständnis von Gesundheit und Krankheit ändert, kann das Unsicherheiten massiv verstärken. Was ist da der reale Stand? Welche Prozesse laufen und welche machen gegebenenfalls schon Angst, ehe sie real sind?

  • Katja Dörner / Katja Kipping / Simone Lange: Digitalisierung, Grundeinkommen: Wer bestimmt, was eingeführt wird?

Hier wird kein Beitrag geschrieben werden, sondern schriftliche Fragen der Herausgeber*innen beantwortet. Eine wörtliche Formulierung der Fragen steht noch aus, sie werden Folgendes betrefen: Was ist der Zusammenhang der beiden Themen? Wer entscheidet eigentlich, ob überhaupt und was da eingeführt wird, der "Markt", die "Politik", "Expert*innen"? Geht Digitalisierung in demokratischer Verantwortung überhaupt ohne eine umfassend und für alle neu gestaltete soziale Sicherheit? Wie lassen sich sich Kontrolle und demokratische Prozesse gestalten und sicherstellen?

  • Werner Rätz: Digitalisierung? Grundeinkommen! – Eine Notwendigkeit, die erklärt werden muss

Bisher war BGE-Debatte im Wesentlichen eine um die Idee („Richtungsforderung"). Digitale Manager schaffen mit tagespolitischem Anspruch eine neue Lage mit mehreren neue „Fronten". Wer wären Verbündete, wer Gegner? Kann die linke BGE-Bewegung die Digitalsierungsschiene emanzipatorisch aufnehmen oder stärkt sie unvermeidlich die liberale Seite? Und wie ginge das konkret, also welche Themen, welche Kämpfe?

Hier zu bestellen